Wolfgang Bok
Plante die Rentner-Gang einen Umsturz - oder hat die Gefahrenabwehr andere Ziele?
In der aktuellen Kolumne „Nüchtern betrachtet“ hegt Dr. Wolfgang Bok Zweifel an den offiziellen Verlautbarungen und fragt: Wer und was gefährdet unsere Verfassung wirklich?
Von Dr. Wolfgang Bok
Puh! Da haben wir aber noch mal Glück gehabt. „Sicherheitsbehörden vereiteln Staatsstreich“ titelte die Süddeutsche Zeitung am Donnerstag auf Seite 1. So wie fast alle Medien, die diese angebliche Großgefahr im Halbstundentakt zum Topthema erheben und uns mit Sondersendungen in Panik versetzen. Die Reaktionen vieler Leser und in den Sozialen Medien wie Twitter oder Facebook sind freilich andere. Hier wird überwiegend der Verdacht geäußert, dass mit „Kanonen um Spatzen“ geschossen werde. Bei Twitter trendet der Hashtag #Ablenkung. Etwa von migrantischer Gewalt wie in Illerkircherg. Oder vom Scheitern der Energiewende, die in Baden-Württemberg bereits zu Stromabschaltungen führt und damit ein Industrieland auf das Niveau eines Entwicklungslandes drückt.
So gesehen ist es eigentlich schade, dass unsere Sicherheitsbehörden, die gegenüber arabische Clans oder Klima-Straftätern so zurückhaltend agieren, hier derart massiv auftreten. Zu gerne hätte man doch gesehen, wie zwei Duzend betagte „Reichsbürger“ mit Rollator und Armbrust bewaffnet das streng bewachte Kanzleramt, den Bundestag und viele weitere Institutionen stürmen, um die Macht zu übernehmen. Ich schätze mal, sie hätten nicht mal den Weg zum Kanzleramt geschafft und, wie die Ameisen im Ringelnatz-Gedicht, auf den Rest der Reise verzichtet. Aber das würde natürlich nicht den Einsatz von über 3000 schwer bewaffneten Polizisten rechtfertigen. Also müssen die Umsturzphantasien dramatisiert werden. Auf die konkret nachgewiesenen Terroraktionen darf man also gespannt sein. Kleinlaut räumen Bundeskriminalamt, Verfassungsschutz und Generalbundesanwalt inzwischen ein, dass nie einer reale Gefahr bestanden und man alles unter Kontrolle gehabt habe. Fabuliert Innenministerin Faecer (SPD) deshalb über eine Umkehr der Beweislast - weil den Behörden die Beweise fehlen? Es wäre nicht das erste Mal, dass sich angebliche Revolten rechter Netzwerke als bloße Spinnereien von Einzelpersonen erweisen. Allerdings ist der politische Druck auf die Richter so groß, dass die nun Verdächtigen nicht mit der gleichen Nachsicht wie Klima-Aktivisten rechnen dürfen, die nachgewiesene Straftaten begehen.
Wer die „Gefahr von rechts“ relativiert, steht natürlich selbst unter dem Umsturzverdacht. Am besten, man entzieht allen extremen Kritikern dieser Ampel-Regierung das Wahlrecht - und gibt es den Zugewanderten. Das sei doch der wahre Plan von Grün-Rot-Rot, denken sich die Skeptischen. Die Einbürgerungspläne von Grün-Rot, die den deutschen Pass zum beliebigen Produkt entwerten wollen (derweil Länder wie Malte oder Zypern den Zugang zur EU wenigsten teuer verkaufen!), gehen ja in diese Richtung. Aber das sind natürlich üble Verschwörungstheorien, die sogleich den Verfassungsschutz auf den Plan rufen. Deren Präsident Thomas Haldenwang sieht überhaupt keine große Gefahr durch „Klima-Aktivisten“, die regelmäßig Straßen und Flughäfen blockieren oder Kunst beschmieren - obwohl sie ankündigen, zu allem bereit zu sein. Während bei den Reichsbürgern schon eine Schutzweste zur gefährlichen Waffe umgedeutet wird, ist der Kleber dieser Öko-Straftäter natürlich ein bloßes Bindemittel. Das lassen die begleitenden Polizisten sicher als normales Mitbringsel durchgehen.
Die Dummheit der Reichsbürger zeigt sich schon daran, dass sie sich nicht selbst als Aktivisten einer „letzten weißen Generation“ präsentieren, um unter den Schutzmantel des Demonstrationsrechts die Zufahrten zu Flüchtlingsunterkünften zu blockieren. Auch dies ließe sich mit Daten aus der Bevölkerungsstatistik belegen. Aber der Begriff Bürger ist ohnehin diskreditiert. Wer nicht genügend Geld hat, bekommt fortan Bürgergeld. Also ist erst derjenige ein richtiger Bürger, der die Hand aufhält anstatt mit diesen für seinen eigenen Lebensunterhalt zu arbeiten. Der Leistungsempfänger genießt mittlerweile mehr Aufmerksamkeit als der geschröpfte Leistungserbringer, der ab 2023 Sozialbeiträge über 40 Prozent zu schultern hat. Wer also verschiebt schleichend die Grundkoordinaten dieses Landes? Wird unsere marktwirtschaftliche Verfassung nicht längst von innen umgedeutet? Dient eine rigorose Klima-Rettungs-Politik nicht der De-Industriealisierung, weil uns der „unverdiente Wohlstand“ zur Last wird?
Deshalb: Sind nicht auch diejenigen eine Gefahr für das Land, die Schuldengrenzen trickreich umgehen? Einerlei, ob Rote, Grüne oder Schwarze regieren: Überall werden Kreditlinien verschoben. Das ohnehin hochverschuldete Saarland schiebt sich per absoluter SPD-Mehrheit eben mal einen „Transformationsfonds“ über drei Milliarden Euro zu. Das nicht minder tief in den roten Zahlen steckende NRW lässt sich neue Schulden mit einer „außergewöhnlichen Notsituation“ rechtfertigen. Das sind nur zwei Meldungen der letzten Tage. Krisen werden nicht genutzt, um sich auf das Wesentliche zu konzentrieren und etwa Bürokratie abzubauen, sondern dienen allein der weiteren Schuldenaufnahme. Wo bleibt der Protest der „letzten Generation“, die das alles einmal bezahlen muss? Auch gegen die Verschuldungsstrategie der EU, die letztlich das nationale Haushaltsrecht aushebelt - und vom deutschen Verfassungsgericht legitimiert wird.
Wäre also nicht eine Großrazzia in allen Ministerien angebracht um zu dokumentieren, wie der Staat zur Beute gemacht wird, um parteipolitische Interessen zu bedienen? Vor allem die Grünen versorgen ihre Aktivisten mit Top-Positionen in den Ministerien. Allen voran Klima-Minister Habeck, der den ganzen Führungsstab ausgewechselt hat, um den dringend notwendigen Weiterbetrieb der letzten aktiven Kernkraftwerke durch getürkte Gutachten verzögern und vereiteln zu lassen. Es dauert sicher nicht mehr lange, bis auch die Klima-Aktivisten in hohe Beamtenpositionen befördert werden. Wer also unsere „wehrhafte Demokratie“ in Anbetracht dieses „Schlages gegen die Reichsbürger“ beklatscht, wie der stets besorgte SPD-Parteisoldat Steinmaier, der sollte als Staatsoberhaupt auch diese Entwicklung kritisch bewerten. Und ab und an mal in unsere Verfassung schauen. Als Lektüre sehr zu empfehlen ist beispielsweise Artikel 14.1, der an erster Stelle das Eigentum schützt. Denn erst das macht den freien Bürger, dem eine Obrigkeit nicht mehr Haus und Erspartes nehmen kann. Schon deshalb sind überbordenden Schulden und Inflationsraten eine reale Gefahr.
Das spüren die Bürger. Deshalb sinkt das Ansehen in unsere Politiker beständig, ebenso das Vertrauen in die staatlichen Institutionen. Der „Schlag gegen die Reichsbürger“ ist eben nur vordergründig eine Beleg für die „wehrhafte Demokratie“. Vielmehr nährt diese „Geheimaktion“, von der vorab so viele Medien wussten und daher eher wie eine PR-Aktion anmutet, den Verdacht, dass hier vor allem politisch motivierte Einschüchterung betrieben wird. Dass eine Richterin und ehemalige AfD-Abgeordnete unter den Verhafteten ist, gilt bereits als Beleg, dass diese rechts-nationale Partei Umsturzpläne hegt. Deren Entfernung aus dem Gerichtswesen (Bau-Zivil-Recht!) wird von der Justizsenatorin Lena Kreck (Linkspartei = Ex-SED) seit langem betrieben. Im rot-rot regierten Mecklenburg-Vorpommern wird eine Postkommunistin sogar zur Leitung des Verfassungsgerichts erhoben. Als nächste Stufe wird dann sicherlich eine Verbot der AfD eingeleitet, wie es Vertreter von Linkspartei, SPD und Grünen regelmäßig fordern. In der Hoffnung, damit auch alle Kritiker der nach wie vor ungesteuerten Zuwanderung mundtot zu machen.
Es geht also nicht darum, wie man zur AfD steht und wie verachtenswert man diese Neugründung am rechten Rand hält. Es geht darum, wie wir es mit der Meinungsfreiheit halten. Diese hat nur einen Wert, wenn es zuvor eine Informationsfreiheit gibt, wenn also nicht von oben diktiert wird, was man wissen darf - und was nicht. Hier bewegen wir uns bereits in Richtung eines autoritären Gesellschaft, die offene Debatte nicht mehr zulässt. Wer die Energiewende für verfehlt hält, ist ein Klimaleugner. Wer die Corona-Einschränkungen kritisiert, ist ein gefährlicher Verschwörungstheoretiker. (Nicht aber, wer diese Rigorosität in China kritisiert!) Wer eine gesteuerte Zuwanderung allein von wirklichen Fachkräften fordert, ist ein Rassist. Merken wir noch, wie dieses Land in eine linke Meinungsbevormundung abdriftet? Selbst Liberale noch Christdemokraten trauen sich nicht mehr zu widersprechen, weil auch dieser Widerspruch schon als „rechts“ gilt?