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  • AutorenbildWolfgang Bok

Kniefall in Ankara, gesunder Wettstreit in der Union, mediale Überhöhung der Grünen

In der Kolumne „Nüchtern betrachtet“ schaut Dr. Wolfgang Bok auf das, was in der medialen Debatte gerne übersehen wird:


  • Wie sich die EU vor Erdogan wirklich erniedrigt

  • Wie wir unerwünschte Migration fördern

  • Warum der Machtkampf in der Union kein Schaden sein muss

  • Wie eine grün-rot-rote Republik herbeigeschrieben wird

  • Warum Stuttgart von bundespolitischer Bedeutung ist


Von Dr. Wolfgang Bok


Meine lieben Kollegen sind mal wieder in ihrem Element. Politische Ränke ist ihr Berufselexier: Wer gegen wen? Was wird wo spekuliert? So wird Politik als Theater präsentiert. Mal als Tragödie, mal als Lustspiel. Was hinter der Bühne stattfindet und worum es wirklich geht, bleibt dann meist unterbelichtet. Zwei Beispiele:


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Ob Ursula von der Leyen in Erdogans Palast auf einem Sofa oder einem Stuhl sitzt, mag man zum protokollarischen Großskandal aufblasen, für den politischen Weltenlauf ist es relativ unerheblich. Schlimmer noch: Die Erregung über „Sofagate“ verdeckt den wahren Skandal. Nämlich dass sich die Führung der Europäischen Union dazu herablässt, einem skrupellosen Autokraten die Aufwartung zu machen und ihm dann auch noch weitere Milliarden zuschanzt. Erdogan wirtschaftet nicht nur die Türkei herunter, er tritt auch das Wertesystem der EU mit Füßen. Einzig der italienische Ministerpräsident Draghi hat dafür die richtigen Worte gefunden, als er diesen Verachter jeglicher demokratischer Rechtsnormen als „Diktator“ bezeichnet hat. Nur zur Erinnerung: Wäre es nach SPD und Grünen gegangen, wäre diese Türkei längst größtes Mitglied der EU.


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Und warum gibt sich Brüssel diese Blöße? Weil die EU und vor allem Deutschland nicht willens sind, unsere Außengrenzen gegen unerwünschte Migration zu schützen. Also bezahlen wir Erdogan dafür, dass er den brutalen Türsteher gibt und den Zustrom aus Syrien, Afghanistan etc. kanalisiert. Wenn die europäische Grenzschutzagentur Frontex dann ihrer Aufgabe nachkommt und Migranten zurückschickt, wird deren Chef vor den Innenausschuss des Deutschen Bundestages zitiert und angefeindet. Also lässt Frontex die Menschen, die ihr Heil vor allem in Deutschland suchen, nach Griechenland einreisen. Von dort kommen sie dann mit der Linienmaschine nach Deutschland. Allein am Osterwochenende 300 an der Zahl, meldet der „Spiegel“. Darüber erregt sich dann der deutsche Innenminister Seehofer, der nicht weiß, ob er gerade Seenotretter oder Grenzschützer spielen muss. Dabei verfahren auch Italien und Spanien so: Sie organisieren die Weiterreise nach Deutschland sogar und statten die vermeintlichen Flüchtlinge mit den notwendigen Reiseunterlagen samt Bargeld aus. Das führt zu der kuriosen Situation, dass das Reisen in Europa strengsten Auflagen unterliegt und die Reisebranche am Boden liegt, aber jeden Monat an die 10 000 weitere Asylbewerber zu uns kommen können. Ein Drittel flott und bequem mit dem Flugzeug.


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Als zweites Beispiel will ich den „Machtkampf“ in der Union anführen: Was ist das für ein demokratisches Verständnis, wenn zwei Politiker von zwei verbündeten Parteien darum ringen, als Kanzlerkandidaten ins Rennen gehen zu dürfen - und man daraus nur Streit ableitet? Aber die deutschen Medien hadern auch mit der politischen Marktwirtschaft. Offener Wettbewerb wird als etwas Unanständiges diskreditiert. Entscheidend ist doch etwas anderes: Wofür stehen Laschet und Söder? Was unterscheidet sie? Und was qualifiziert sie dafür, dieses Land zu führen? Schlimm ist doch, dass sich die SPD zur links-sektiererischen Funktionärsorganisation heruntergewirtschaftet hat und damit als ernstzunehmend Alternative gar nicht mehr in Frage kommt. Dafür wird eine Annalena Baerbock bereits zur möglichen Kanzlerin stilisiert, obwohl sie noch nicht einmal einen Kiosk geführt hat. Gerühmt wird ihr „rhetorisches Geschick“, das letztlich nichtssagendes Geschwurbel ist. Und diese Frau, die allein in der grünen Blase groß geworden ist, soll eine Industrienation führen? Aber anstatt Inhalte zu analysieren, überbieten sich weite Teile der Medien in Elogen auf die beiden grünen Kandidaten, deren „Hymnenton kaum erträglich ist“, wie der Chefredakteur der Welt treffend kommentiert: „Die Grünen wären als Kanzlerkandidatinnenpartei die letzte Entschleunigung vor dem Aufschlag im ökonomischen Nirgendwo.“


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Doch Ulf Poschardt ist einer der wenigen Journalisten, der noch nicht vom grünen Virus infiziert ist. Schon jetzt läuft die mediale Mobilmachung von Hamburg (Spiegel, Stern, Zeit) bis München (Süddeutsche Zeitung) auf Hochtouren. Endlich wähnt man sich dem großen Ziel einer grün-rot-rote Republik nahe. Die aktuelle Spiegel-Ausgabe liefert den Vorgeschmack: alles, was aus dem bürgerlichen Lager kommt, wird extrem negativ analysiert, derweil die Grünen in den freundlichsten Farben gezeichnet werden. Selbst in der FAZ.


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Anschaulich vorgeführt wird dies selektive Wahrnehmung gerade in Baden-Württemberg, wo Grüne und CDU nun sage und schreibe vier Wochen lang einen Koalitionsvertrag aushandeln wollen. Darin wird dann bis zum letzten Radweg beschrieben, wie dringlich man das Land modernisieren wolle. Nur: Was hat die Regierung Kretschmann eigentlich in den letzten zehn Jahren mit dem vielen Geld gemacht, wenn jetzt die Not so groß ist? Nicht viel, außer die Verwaltungen aufgebläht und neue Schuldenberge aufgetürmt. Das Impfmanagement eines grünen Ministerpräsidenten und seines grünen Gesundheitsministers ist noch liederlicher als in anderen Ländern. Doch siehe da: das Volk applaudiert brav einem Ministerpräsidenten, der Bräsigkeit zur politischen Kunst erhebt. Die Landespresse berauscht sich derweil an der Erniedrigung einer CDU, die schon deshalb keine Grundsätze aufgeben muss, weil sie gar keine mehr hat. Hauptsache, die Pöstchen sind für die nächsten fünf Jahre gesichert.


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Von daher ist es schon von bundespolitischer Bedeutung, was in Stuttgart geschieht: Wie weit treibt die CDU ihre Selbstverzwergung, um sich einem grünen Milieu anzubiedern? Oder findet sie einen programmatischen Ausweg aus dem Irrgarten der Merkelschen Beliebigkeit? Hier empfehle ich die profunde Analyse von Wolfgang Reitzle, der Deutschland „nach 16 Jahren Merkel in vielen Bereichen als Sanierungsfall“ sieht. Der Manager hat erfolgreich Konzerne wie BMW und Linde geführt. Im Gegensatz zu unserer politischen Klasse, die sich noch nie in der freien Wirtschaft beweisen musste. Annalena Baerbock ist hier leider eher die Regel als die Ausnahme.



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