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  • AutorenbildWolfgang Bok

Generation ohne Zahlenverständnis, Betriebsräte auf den Barrikaden - und die nächste Enttäuschung


Die Wochenkolumne „Nüchtern betrachtet“ von Dr. Wolfgang Bok

Ein Tross Radler ist gerade lärmend durch meine Stadt gefahren, um gegen Autos im Allgemeinen und SUVs im Besonderen zu protestieren. Allesamt tragen sie zum Bruttosozialprodukt erkennbar allenfalls durch Konsum bei, der entweder von den Eltern oder von den arbeitenden Steuerzahlern finanziert wird. Dass nicht wenige Menschen in diesem Land die Sorge um Job und Einkommen umtreibt, kommt bei der grünen Klientel nicht an. Die Juristen-Söhnchen und Lehrerinnen-Töchter kennen keine realen Existenznöte. Das erklärt, warum die gigantischen Schulden- und Haftungsberge, die gerade unter dem Deckmantel der „Corona-Hilfen“ aufgetürmt werden, jene kalt lässt, die dereinst dafür aufkommen muss. Es ist die Generation, die gerne Millionen mit Milliarden verwechselt und von Billionen ohnehin keine Vorstellung hat. Unterstützt von einer Politik, die ökonomische Bildung aus den Lehrplänen hält und Zahlen-Fächer wie Mathe oder Physik am liebsten ganz abschaffen will, wie die Grüne Jugend immer wieder fordert. So macht die Generation Z Sinn: frei von Zahlen. Denn wer nicht rechnen und damit Daten in Relation setzen kann, lässt sich mit schrägen Vergleichen moralisch empören - und damit leichter instrumentalisieren. Fake News kommen eben nicht nur von rechts.

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Das Rechnen haben mittlerweile einzelne Betriebsräte der Autobauer gelernt. Plötzlich dämmert ihnen, dass die Interessen ihrer Kollegen weder in Frankfurt noch in Berlin vertreten werden. Die IG-Metall-Zentrale kämpft längst nicht mehr um den Verbrennungsmotor, der mit modernen Kraftstoffen sogar die Umgebungsluft reinigt. Und für die SPD ist die Automobilbranche einfach nur noch lästig; weshalb sie für alles und jedes ein Milliardenprogramm auflegt, aber bei einer allgemeinen Pkw-Kaufprämie plötzlich die Marktwirtschaft entdeckt. Von den 152 Bundestagsabgeordneten kann mit Josip Juratovic gerade noch ein einziger auf eine Arbeiterkarriere bei Audi zurückblicken. Und dieser MdB aus Heilbronn läuft am Gängelband der Jusos. Auf Druck von SPD und Grünen werden die Autos, mit denen die relativ hohen Facharbeiterlöhne überhaupt erst finanziert werden können, fortan noch höher besteuert. Aber auch die Union ist stets zur Stelle, wenn über Brüssel der Autobranche weitere Knüppel zwischen die Beine geworfen werden. Dabei hätte Berlin als Großfinanzier der EU durchaus die Macht, überzogene Vorgaben von der eigenen Wirtschaft abzuwenden. Man versucht es nicht einmal.

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Dass von der einstigen Leitindustrie indirekt noch immer jeder fünfte Arbeitsplatz abhängt, wird nicht einmal dann wahrgenommen, wenn der Export um über 30 Prozent einbricht. Wir kleistern alles zu mit Geld, das wir gar nicht haben. Übrigens auch keinen Ersatz: Im digitalen Zeitalter spielt die Musik in den USA und in China. Wer also nun von der „Digitalisierung aller Lebensbereiche“ schwärmt, sollte wissen, wo die Kasse klingelt: bei Google, Amazon, Apple, Microsoft und Facebook. Mit einem Bruchteil an Beschäftigten haben sie sich zu Wert-Billionären entwickelt. Europa schafft weder eine Cloud noch ein Navigationssystem. Ohne GPS sind wir verloren.

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Viel Geld wird in die E-Mobilität gepumpt. Und doch verharren die Stromer wie Blei in den Showrooms. „Nach sieben Jahren ist die Batterie platt,“ rechnet mir ein Verkäufer vor. „Das Risiko geht allenfalls ein, wer auf die Kosten nicht achten muss.“ Gekauft würden hingegen großvolumige Hybrid-Diestfahrzeuge. Die Erklärung des erfahrenen Händlers: „Bei einem Wagen für 100 000 € muss der Fahrer nur 50 000 € versteuern, weil die andere Hälfte über die halbierte Steuer (0,5 statt 1,0 Prozent) subventioniert wird. Das Stromaggregat wird kaum genutzt - und den höheren Spritverbrauch wegen der schweren Batterie zahlt der Arbeitgeber.“ Egal, Hauptsache, die Öko-Quote stimmt.

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Jetzt steuert Deutschland mit Vollgas in die nächste Sackgasse: Wasserstoff ist der neueste Schrei im politischen Berlin, das ja ständig nach neuen Subventionsempfängern sucht. Damit ließe sich dann der hoch subventionierte Wind- und Sonnenstrom, der nicht gebraucht wird, aber bezahlt werden muss, angeblich sinnvoll einsetzen. Denn um Wasserstoff zu erzeugen, braucht es viel Energie. Und wieder viel Geld, um die Infrastruktur zu schaffen. Dabei gäbe es eine so einfache Lösung: Synthetische Kraftstoffe, mit denen bereits Bus-Flotten betankt werden und die mit den modernen Dieselaggregaten nahezu abgasfrei fahren können. Dafür braucht es weder neue Motoren noch eine neue Infrastruktur. Nur der Sprit an den Tankstellen würde etwas teurer. Aber das wird er dank der ständig steigenden CO₂-Abgabe ohnehin. Damit soll dann der völlig überteuerte Strompreis etwas heruntersubventioniert werden. Den einfachen Weg, die EEG-Umlage auf Marktpreise zu kürzen, traut man sich nicht zu gehen. Zu stark ist die Öko-Lobby, die sich auf fette Renditen eingerichtet hat. Da lässt man lieber die Autobranche, die ihr Geld noch selbst verdient, verenden. Am Elektrowesen wird sie jedenfalls nicht genesen.

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