Wolfgang Bok
Geheuchelte Empörung statt wahrer Problemlösung: Wer wirklich Schuld am Aufstieg der AfD ist
In seiner Kolumne „Nüchtern betrachtet“ schreibt Dr. Wolfgang Bok über falsche Brandmauern und wie die Politik die wahren Sorgen vieler Bürger ignoriert. Das sind die aktuellen Themen:
Wer die Rechtspartei wirklich befördert
Wer vom AfD-Erfolg in Wahrheit profitiert
Wie sich die CDU selbst beschneidet
Wie Deutschland verliert und trotzdem spendiert
Wie CSU-Chef Söder die Orientierung verliert
Und was die grüne Umerziehung bewirkt
Von Dr. Wolfgang Bok
Darauf versteht sich die politische Linke: Erst mit einer spalterischen Politik die Wähler in die Arme der AfD treiben - um dann denen die Schuld zuzuschieben, die das rot-grüne Versagen beim Namen nennen. Von Fehlerkultur keine Spur. Dabei liegen die Gründe für die Erfolge der AfD doch offen zutage. Erstens: Die Weigerung, endlich die massive Zuwanderung in die Sozialsysteme zu unterbinden. Nur ein Beispiel: Der Landkreis Regensburg musste allein im Mai über 800 weitere Flüchtlinge aufnehmen - und dafür teuere Unterkünfte anmieten, überwiegend für junge Männer aus aus dem arabisch-afrikanischen Raum, die kaum zu den begehrten Fachkräften werden dürften. Zweitens: Eine Klimapolitik, die einzig ideologisch besteuert ist und nicht nur Hausbesitzer und Mieter in die Verzweiflung treibt. Kein Jota ist für das Weltklima gewonnen, wenn wir alles auf Elektro umstellen - und dafür Kohle und Gas aus der ganzen Welt zusammenkaufen oder den Atomstrom unserer Nachbarn importieren. Hinzu kommt eine woke Gesellschaftspolitik, die alles diffamiert, was bislang klassisch bürgerliche Lebensart war. Dieses Gemisch aus Bevormundung, Ignoranz für die Fakten und finanzielle Überforderung des Landes wie der noch steuerzahlenden Bürger befördert die AfD zur mittlerweile zweitstärksten Partei.
Dass sie nun ausgerechnet in Thüringen den ersten Landrat stellt, bestätigt die Hufeisentheorie: Es ist kein Zufall, dass in dem Land, wo die Post-Kommunisten mit grün-roten Stützrädern regieren, die radikalste AfD ihre größten Erfolge feiert. Denn von Links- nach Rechtsaußen ist es nur ein Katzensprung. Dass die tiefrote Regierung in Erfurt nun den demokratisch gewählten Landrat auf seine Verfassungstreue überprüfen lassen will, entbehrt nicht einer gewissen Ironie: Ausgerechnet die von Stasispitzeln durchsetzte Partei, bei der das im Grundgesetz Artikel 14.1. garantierte Recht auf Eigentum bereits bei 100.000 € aufhört, spielt sich zum Hüter der Demokratie auf. Dass deren politisch besetzter Landesverfassungschutz die AfD als offen rechtsextremistisch einstuft, will nicht viel heißen. Mittlerweile macht sich ja schon verdächtig, wer nationale Interessen in den Vordergrund stellt. Was in jedem Land selbstverständlich ist und so auch im Amtseid für Minister und Regierungschefs steht. Lesenswert dazu eine Analyse in der NZZ, die die Frage aufwirft, ob der Verfassungsschutz unter ihrem Präsidenten Haldenwang nicht selbst die Verfassung gefährdet. Wer nun also so tut, als seien in Deutschland Nazis unmittelbar vor der Machtübernahme, schadet dem Land - und nicht ein Landrat aus dem kleinen Sonneberg. Der ist im Vergleich zu den wirklich rechtsextremen Figuren, die um uns herum an Regierungen beteiligt sind - von Finnland, über Italien bis nach Israel - geradezu ein Liberaler.
Die Empörung und Besorgnis auf der politischen Linken ist ohnehin geheuchelt. Denn je stärker die AfD, desto weniger Stimmen reichen Grünen, SPD und Linkspartei, um wieder ihr Bündnisse zu schmieden. Die Radikalisierung ist also gewollt, wie ich bereits für die NZZ analysiert habe. Der CDU bleibt dann nichts anderes übrig, als bei Grünen und Sozialdemokraten um ein bisschen Mitregieren zu betteln. Unter Aufgabe des restlichen konservativen Profils. Was wiederum erklärt, warum die CDU vom Niedergang der Ampel-Koalition nicht profitiert. Die „Brandmauer“ zur AfD, die sie sich aufzwingen lässt, droht die CDU selbst unter sich zu begraben. Man schaue nur nach Frankreich oder Italien, wo es keine Christdemokraten mehr gibt. FDP-Chef Linder hat den Bürgern in Weimar derweil empfohlen, statt der AfD doch lieber die Linkspartei zu wählen. Auch so kann man die eigene Klientel vor den Kopf stoßen.
An Orientierungslosigkeit leidet auch Markus Söder. Erst verleiht er den Bayerischen Verdienstorden ausgerechnet an Angela Merkel. Also die Frau, die für die „Herrschaft des Unrechts“ verantwortlich ist, als die Söders Vorgänger Horst Seehofer die Kanzlerin wegen ihrer Politik der offenen Grenzen 2015 bezeichnet hat. Was ihn zu dieser Auszeichnung veranlasst hat, bleibt auch vielen CSUlern ein Rätsel. Dann biedert sich der Ministerpräsident der Schwulen- und Lesben-etc.-Szene (LBGTQTA+) an und kündigt einen Queer-Aktionsplan für Bayern an. Nicht wenige, die bislang der CSU vertraut haben, werden am 8. Oktober bei den Freien Wählern ihr Kreuz machen. Deren Chef, Hubert Aiwanger, bringt die Kritik an der woken Bevormundung kantig auf den Punkt. Derweil Söder mal wieder bestätigt, wie sehr er dem Zeitgeist hinterherhechelt. Kaum gibt es medialen Gegenwind, schon kuscht er.
Der deutsche Fußball steht sinnbildlich für das ganze Land, das allmählich nach unten durchgereicht wird. Der Unterschied ist nur, dass die Niederlagen der Kicker breit debattiert werden. Der wirtschaftliche Abstieg wird entweder ignoriert oder verharmlost. In der medialen Dauerberieselung um den Klimaschutz findet die Nachricht kaum Platz, wonach Deutschland weiter an Wettbewerbsfähigkeit verloren hat. Um sage und schreibe sieben Plätze sind wir auf Platz 22 abgestürzt, wie die Hochschule IMD in ihrem alljährlichen Ranking ermittelt hat. Spitzenreiter sind Dänemark, Irland und die Schweiz, „die den Zugang zu Märkten und Handelspartnern gut nutzen“. Gleichwohl singt unser Kanzler beschwingt das Loblied auf den Standort Deutschland. Schlechte Daten lächelt Olf Scholz einfach weg. So wie zuvor Angela Merkel.
Derweil stolzieren unsere Politiker mit den großen Spendierhosen durch die Welt. Für die Ukraine, die bereits zu sechzig Prozent zerstört ist und gegen die russische Übermacht einen ebenso verlustreichen wie aussichtslosen Kampf führt, wird ohnehin nur noch in Milliarden gerechnet. Die 50 Milliarden, die die durch keine Wahl legitimierte EU-Präsidentin von der Leyen für die nächsten vier Jahre zugesagt hat, werden zu einem Viertel von deutschen Konten abgebucht - zusätzlich zu unseren Direkthilfen und den monatlich etwa zwei Milliarden, die uns die aufgenommenen Flüchtlinge kosten. Andere Länder belassen es weitgehend mit Solidaritätsbekundungen. Dass von der Leyen der Ukraine bereits eine EU-Mitgliedschaft in Aussicht stellt und insgeheim an einem „Billionen-Aufbau-Programm“ gearbeitet wird, zeigt wohin die Reise geht. Armes Europa.
So geht es geradezu fort. Keine Geberkonferenz, bei der die Deutschen nicht als erstes den Geldbeutel öffnet. Die bislang unbekannte „Staatsministerin“ im überdimensionierten Außenministerium, Katja Keul (Grüne), sagt dem fernen Sudan eben mal 200 Millionen Euro Soforthilfe zu. Das reiche Katar begnügt sich mit 50 Millionen für seien muslimischen Glaubensbrüder. Aus der restlichen Welt sammelt die Uno Zusagen über 1,1 Milliarden Euro ein. Aber wir wollen ja Weltmacht der Humanität sein.
Während also unsere Außenministerin und ihre Getreuen durch die Welt reisen, um unser Geld zu verteilen, sogt unser Wirtschaftsminister im Inland dafür, dass die Quellen stetig versiegen. Wären wir ein attraktiver Standort, müsste der US-Konzern Intel nicht mit zehn Milliarden Euro an Steuergeldern geködert werden, um im Magdeburg eine Halbleiterfabrik zu bauen. Damit kostet jeder der versprochenen 3000 Jobs umgerechnet 3,3 Millionen Euro. Ob diese Investition von Dauer ist, steht dahin. Man denke nur an den Baukonzern Holzmann und manch andere Unternehmen, die ebenso teuer wie vergeblich „gerettet“ wurden. Aber Politiker, zumal jene ohne richtige Berufserfahrung, glauben ja, von Wirtschaft mehr zu verstehen als diejenigen, die täglich Wirtschaft machen.
Für Leute wie Habeck regnet das Geld offenbar vom Himmel. Jetzt sagt er dem schwedischen Batteriehersteller Northvolt „großzügige Unterstützung“ zu, damit es in seinem Heimatland Schleswig-Holstein eine riesige Batteriefabrik baut. Offenbar hat der Grüne vergessen, dass dies nichts anderes als eine Chemiefabrik ist, die zudem viele „gefährliche“ Rohstoffe braucht. Aber so tickt die deutsche Wirtschaftspolitik mittlerweile: Erst werden die Kosten durch eine absurde Energiewende, immer noch mehr Bürokratie und hohe Steuern, Abgaben und Löhne in die Höhe getrieben, um Investitionen dann wieder herunter zu subventionieren. Wir bräuchten keinen politisch verbilligten „Industriestrom“, hätten wir die besten und sichersten Atomkraftwerke noch in Betrieb. Um uns herum werden übrigens gerade viele Reaktoren gebaut oder wird deren Laufzeit verlängert. Wir kaufen dann teuer deren Atomstrom.
Doch der Irrsinn hat Methode. Erst führen wir die Rente mit 63 ein, die sich wachsender Beliebtheit erfreut; dann reisen unsere Minister um die Welt, um „Fachkräfte“ anzuwerben, die wir zu Hause in den Vorruhestand locken. Unter dem Deckmantel der „Fachkräfteanwerbung“ wird auch der angebliche „Spurwechsel“ in der Migrationspolitik verkauft: Nicht nur dass die Anforderungen (Einkommen, Qualifikation) weiter drastisch gesenkt werden, jetzt sollen neben der Kernfamilie auch noch die Eltern mitkommen dürfen. Möglichst mit direktem Zugang zu Bürgergeld und deutscher Rente. Die wirklich Qualifizierten zieht es in die USA, die Schweiz oder nach Skandinavien. Klassische Einwanderungsländer wie Kanada laden keine möglichen Leistungsbezieher ein, sondern werden von Leistungsträgern um Aufnahme ersucht. Das will man in Deutschland einfach nicht wahrhaben.