Wolfgang Bok
Dreiste Selbstbedienung, Aktion Abendsonne, Merkels Warnung und die irrige Energiewende
In seiner wöchentlichen Kolumne „Nüchtern betrachtet“ befasst sich Dr. Wolfgang Bok mit folgenden Ärgernissen:
Wie Corona-Boni missbraucht werden
Wie sich Bundestag und Ministerien dreist selbst bedienen
Wovor Merkel warnt – und das Gegenteil tut
Wie ARD und ZDF ihre Pfründe verteidigen
Wie wir frohgemut in den Strom-Blackout steuern
Von Dr. Wolfgang Bok
Daimler und Adidas zahlen ihren Mitarbeitern einen Corona-Boni von 1000 Euro. Warum? Nicht, weil die Autobauer und Turnschuh-Verkäufer nun sonderliche Mehrarbeit leisten müssten, wie die DAX-Konzerne behaupten. Die Wahrheit ist ganz schlicht: Weil es sich lohnt. Die Mitarbeiter bekommen einen steuerfreien Zuschlag, der Konzern senkt seine Abgabenlast - und der Rest der Steuerzahler schaut in die Röhre. Aber so ist das eben, wenn politischer Wettbewerb darin besteht, wer den größten Scheck ausstellt. Der abgabenfreie Bonus war eigentlich für diejenigen gedacht, die wegen der Pandemie wirklich Härten zu ertragen haben. Nicht aber für diejenigen, die weiterhin wie gehabt arbeiten können. Dass die Vielzahl von Corona-Hilfen zu Missbrauch einladen, scheint man weder dem Kanzleramt noch den Parteizentralen auf dem Schirm zu haben.
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Oder doch? In einer Nacht und Nebel-Aktion hat der Ältestenrat des Bundestages beschlossen, dass auch sämtliche Mitarbeiter des Parlaments 600 Euro Corona-Bonus bekommen sollen. Ebenfalls Netto für Brutto. Damit werden die Steuerzahler doppelt betrogen: Erst müssen sie für den ungerechtfertigten Aufschlag aufkommen - und dann bekommen wir nicht einmal das zurück, was jedem normalen Arbeitnehmer abverlangt wird. Dieser Bundestag ist übrigens auch nicht willens, sich zu bescheiden und auf ein vernünftiges Maß zu reduzieren. Zu lukrativ ist das Abgeordneten-Dasein vor allem für jene, die in der freien Wirtschaft nicht untergekommen sind. Das wachsende Übergewicht an Listen-Mandaten stärkt zudem die Macht der Parteifunktionäre. Das läuft dem Prinzip des „freien Abgeordneten“ zuwider. Wo bleiben die Hüter der Verfassung? Karlsruhe hat schließlich den Weg für die Aufblähung der Parlamente bereitet, indem es den Hebel der Gleichbehandlung mal wieder mächtig überdreht hat.
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Still und heimlich läuft in Berlin offenbar die Aktion „Abendsonne“ an. Stattliche 2450 zusätzliche Planstellen sollen allein beim Bund zusätzlich geschaffen werden, wie wir dank einer Anfrage der Grünen erfahren. Kanzleramt und Ministerien lassen sich vom Haushaltsausschuss 700 neue Stellen genehmigen, überwiegend in gut dotierten Führungspositionen. Allein 111 neue Mitarbeiter beansprucht Heiko Maas für das Außenministerium. Offenbar will der SPD-Politiker noch schnell getreue Genossen versorgen, bevor seine Partei endgültig in den Minderheitenstatus abrutscht. Das ohnehin aufgeblähte Kanzleramt soll 53 neue Stellen bekommen. Finanzieren müssen das natürlich die „breiten Schultern“. Frei nach dem Berliner Motto: Sparappelle gelten für andere. Wir genehmigen uns selbst was wir wollen und dulden keine Kontrolle. Auch so kann man das Ansehen von Parlamentarismus und Demokratie, das ihnen doch angeblich so wichtig ist, beschädigen. Aber dazu kein Wort des ewig besorgen Bundespräsidenten Steinmeier.
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Bei Angela Merkel hat man zunehmend den Eindruck, sie habe den Scholz´ Sprechautomaten adaptiert. Ob die Kanzlerin noch weiß, was sie so jeden Tag von sich gibt? Eben warnte sie davor, dass die Asiaten die Corona-Krise nutzen könnten, um wirtschaftliche Vorteile einzuheimsen. Wie bitte? Diese von Angst getriebene Frau, die als Kind der DDR im Kern an die Vorzüge der Planwirtschaft glaubt, sieht plötzlich Wettbewerbsnachteile? Eine Regierungschefin, die der SPD jeden Wunsch von den Lippen abliest, um entweder die Sozialkosten weiter nach oben zu treiben oder die Bürokratie noch stärker aufzublähen, predigt uns Mut zur Innovation? Der geschmeidige Regierungssprecher wird auch dafür eine Erklärung finden. Schließlich kommt Seibert vom ZDF, das brav verkündet, was von Berlin verlautbart wird. Dafür wurde das überflüssige Zweite als Überbleibsel des Adenauer-Fernsehens schließlich einmal gegründet. Heute nährt es vor allem die SPD, deren Mainzer Ministerpräsidentin als Chefin im ZDF-Verwaltungsrat die Fäden auf den Lerchenberg zieht. Von den acht Milliarden Euro an Pflichtabgabe bekommt das ZDF rund zwei Milliarden. Das ist viel Geld für wenig Programm.
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Damit die Pfründe von ARD und ZDF nicht angetastet werden, wird nun mächtig Druck auf die CDU in Sachsen-Anhalt ausgeübt. Wie hier bereits beschrieben, sind diese Christdemokraten die letzten tapferen Widerstandskämpfer. Da sie aber ihre Ablehnung einer Erhöhung der GEZ-Gebühren mit der AfD durchsetzen müssen, wird nun mit aller Macht der braune Ungeist beschworen. Das stößt sogar in der Schweiz bitter auf. An der Lautstärke der Befürworter der Gebührenerhöhung, die ARD und ZDF zu den weltweit teuersten Rundfunkanstalten macht, ist jedenfalls deren Wohlwollen abzulesen: Grüne, Linke, SPD. Sie vor allem fürchten um ihre Plattformen und Stichwortgeber. Gemessen an ihren Wahlergebnissen sind sie deutlich überrepräsentiert. Wo sonst dürfen die Post-Kommunisten unwidersprochen ihre Enteignungspläne verkünden?
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Kanzlerin Merkel ist übrigens auch für eine Energiewende mitverantwortlich, deren Absurdität gerade in Hamburg zu besichtigen ist. Ein gerade mal fünf Jahre junges, hocheffizientes Kohlekraftwerk wird stillgelegt. Der Betreiber Vattenfall bekommt sogar noch Geld dafür, dass mit Moorburg ein sicherer Grundlastversorger vom Netz genommen wird . Wir beziehen dann eben den Kohlestrom von weniger sauberen Kraftwerken in Polen. Oder Atomstrom aus Frankreich. Das nennen die Grünen dann „europäischen Energieverbund“. Muss unsere bislang verlässliche Stromversorgung tatsächlich erst in den Blackout münden, bevor wir uns von Pragmatikern in der Schweiz oder in Schweden eine Scheibe abschneiden. Auch dort hat man sich die Versorgung mit regenerativen Energien auf die Fahnen geschrieben – aber eben nur, wenn damit keine Stromlücke droht. Also werden die Laufzeiten für Atommeiler flexibel gehandhabt. Warum ist soviel Einsicht bei uns nicht möglich? Weltenretter sollten klüger sein und die Folgen ihres Handelns gründlicher bedenken.
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Mit dieser fast schon pastoral anmutenden Ermahnung, wünsche ich meinen Lesern jetzt schon einen besinnlichen zweiten, dritten und vierten Advent. Auf dass dieses Weihnachten auf Abstand den Wert von sozialer Nähe und Familie wieder in Erinnerung ruft. Apropos Erinnerung: In der Vor-Corona-Zeit wurde zu Weihnachten stets über zu viel erzwungener familiärer Nähe geklagt und das Fest vor allem als Konfliktherd thematisiert.